Jüterbog


 





72 km von Berlin



Erstmals im Jahr 1007 erwähnte Bischof Thietmar von Merseburg (*25.07.975, †01.12.1018 vermutlich in Merseburg), der Chronist des Magdeburger Erzbischofes Tagino (* in Dollnhofen bei Regensburg, †09.06.1012 in Rothenburg an der Saale), die dörfliche Siedlung mit Burgwall als „Jutriboc“ (bei den Wenden auch Wittschebog). Die Stadt liegt direkt an der oberen Nuthe, einem kleinen Fluss, dessen Quelle im Fläming liegt. Die Gestaltung der sehenswerten historischen Altstadt begann gegen Ende des 13. Jahrhundert mit der Errichtung einer sehr massiven Stadtbefestigung.



"Die Stadt war durch sumpfiges Terrain geschützt und nur auf den zu den Toren führenden Dämmen zugänglich. Außerdem war sie befestigt durch eine massive Ringmauer und zum Teil dreifachen Wall und Graben. Die Stadtmauer wird erst 1370 erwähnt, mag aber wohl um 1300 entstanden sein. Sie war aus Feldsteinen erbaut und mit vielen, teils runden, teils viereckigen Türmen und Weichhäusern besetzt. Nach dem Stadtbrand von 1478 sind mehrfache Veränderungen, größtenteils in Ziegeln vorgenommen, die Obergeschosse, Zinnenkränze und massiven Spitzen der Türme, sowie auch die drei Tore neu hergestellt. Spuren der Stadtmauer sind rings um die ganze Stadt erhalten, erhebliche Reste besonders auf der Westseite. Auf der südlichen Hälfte der Westseite ist zur Stützung des hochgelegenen Zwingers eine zweite Mauer (Futtermauer) aus Ziegeln vorgelegt. Die Türme sind auffallend schlank und elegant. Die Wälle und Gräben sind fast ganz eingeebnet. Das westliche Damm- oder Frauentor, ein Doppeltor, um 1480 auf besondere Veranlassung des Landesherren, Erzbischof Ernst von Magdeburg, in reicher Ausstattung ausgeführt. Das Außentor mit Eckstrebepfeilern und aufgesattelten runden Ecktürmchen, im Obergeschoß mit Schließlöchern versehen und mit Zinnen gekrönt; an jeder Zinne eine runde Blende; an der Außenseite mit Nischen und Friesen geschmückt; an der Stadtseite offen. Das Innentor besteht aus einer zinnenbekrönten Mauer mit Durchfahrt neben einem hohen Rundturm, welcher mit Zinnen und einer massiven Spitze versehen ist. Der Weg zwischen beiden Toren ist zum Teil noch von Mauern mit Zinnen und einem auf Arkaden ruhenden Wehrgang eingefasst."


Beschreibung aus: "Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg", Berlin, 1885 



Liebfrauenkirche
Die zwischen 1160 und 1170 erbaute Liebfrauenkirche (Pfarrkiche St. Marien) ist das älteste noch erhaltene Bauwerk in Jüterbog. Die Seitenschiffe der Kirche wurden um 1800 abgetragen, Kanzel und Orgel der Kirche stammen aus dem Jahr 1737. Die Liebfrauenkirche wurde 1161 im Auftrag vom Magdeburger Erzbischof Wichmann von Seeburg (* vor 1116 wahrscheinlich auf Burg Gleiß, †25.08.1192 in Könnern) als dreischiffige Basilika aus Backstein erbaut und ist heute die zweitälteste erhaltene Kirche des Landes Brandenburg.




Über Ostern 1519 predigte hier der Theologe und Reformator Thomas Münzer (* um 1489 in Stolberg, Grafschaft Stolberg, † 27.05.1525 bei Mühlhausen) und seine Kritik an der Kirche endete im "Kanzelstreit zu Jüterbog" zwischen den katholischen Franziskanern und den reformatorischen Lutherschülern. Das Schimpfwort "Lutheraner" wurde in Jüterbog geprägt.


St. Nikolai
Bis Hallenkirche St. Nikolai ist das höchste Gebäude der Stadt, auffallend die zwei unterschiedlichen Turmspitzen. Entstanden ist diese größte und aufwändigste Kirche im weiten während des 14. und 15. Jahrhunderts nach mehreren Bauetappen. Erstmals erwähnt wurde sie 1307 und wahrscheinlich 1488 geweiht. Zu den bemerkenswertesten Gegenständen in der Kirche gehört der Ablasskasten (vielleich auch "Reisekoffer") von dem Dominikaner und Ablassprediger Johann Tetzel (* um 1460 oder um 1465 in Pirna oder Leipzig, †11.08.1519 in Leipzig), eine grob bearbeitete Holzkiste für den Ablasshandel, womit nach kirchlicher (katholischer) Lehre zeitliche Sündenstrafen erlassen wurden. Erzbischof Albrecht von Brandenburg hatte Tetzel nach Jüterbog gesandt, um in Rom den Petersdom zu finanzieren (und zur Sicherung der eigenen Karriere). „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“ verkündete der Ablassprediger Johann Tetzel lautstark, was schließlich Martin Luther im nahe gelegenen Wittenberg zur Proklamation seiner 95 Thesen und den Beginn der Reformation veranlasste.


Kapelle in St. Nikolai


Schon zwei Jahre später predigte der spätere Bauernführer Thomas Müntzer (* um 1489 in Stolberg, Grafschaft Stolberg, †27.05.1525 bei Mühlhausen) in Jüterbog. Mit ihm stritten sich die Mönche des Jüterboger Franziskanerklosters, die verbissen gegen die neuen Ideen Martin Luthers kämpften.





Grabdenkmal in St. Nikolai von Christoph Friedrich Finger (*23.02.1725 in Jüterbog, †14.04.1794 ebenda), Tuchmacher und Gewandschneider, Ratsmitglied und Kirchenvorsteher

und (links) Vater Christoph Friedrich Finger (*1688 in Jüterbog, 1754 ebenda) Kirchenvorsteher in Jüterbog.


Schrank der Tuchmacher von 1480


Die aufwendig gestaltete Kanzel ist aus Holz und entstand im Jahr 1608.  


Rathaus

Das sehenswerte Rathaus am Marktplatz wurde wohl gegen Ende des 13. Jahrhunderts errichtet. Fertiggestellt in seiner heutige Gestalt wurde es 1507, nachdem eine Gerichtslaube 1477 hinzugefügt und diese 1493 um ein Obergeschoss erweitert worden war.


Rathaus Jüterbog

Das Gebäude wurde aus Backstein gebaut und hat aufwändige Giebel. An der Nordostecke ist das überlebensgroße Standbild des heiligen Mauritius 📖 angebracht, der Schutzpatrons der Stadt. Das Zeichen, dass Jüterbog damals zum Machtgebiet des Erzbischofs von Magdeburg gehörte.


Mönchskloster

Das spätgotische Franziskaner-Oberservantenkloster an nordwestlichen Rand der historischen Altstadt ist heute ein kulturelles Zentrum mit Stadtbibliothek, Konzertstätte und Museum. Seine Geschichte reicht zurück bis ins Mittelalter und beginnt 1480 mit der Gründung des Franziskanerklosters. Der Bau des Klosters wurde 1510 vollendet.


"Die Äbtissin schrieb sich auch von Gottes Gnaden und bediente sich bei Ausfertigung der Dokumente eines Siegels, den gekreuzigten Heiland, zu beiden Seiten eine betende Jungfrau, vorstellend. Das Ordenskleid der Nonnen war weiß, nach Art der Zisterziensermönche, mit schwarzem Scapulier (Schulterkleide) und auf dem Haupte über dem weißen Schleier einen schwarzen Weichel (Kapuze) von dünnem Flor, an welchem vier rote Kreuze zu sehen [waren]. Sie befolgten die Regeln des heiligen Bernhard. Für Einweihung einer Äbtissin musste das Kloster 100 Mark Silber Annuatengeld nach Rom senden und die Stadt überdies ein Geschenk für den Weihbischof aufbringen. Von ihren ehemaligen reichen Klostergütern erhielt sie nur einiges Vermögen, und ihre innere klösterliche Schönheit verlor durch Ausmauerung der Seitenpfeiler sehr viel. Pröbste, Äbtissinnen und Burgvogte ruhen in ihr, und ein Standbild des Schlosshauptmanns von Klitzing hinter dem Altar, ein Altar mit schönen Gemälden von 1710, eine steinerne Kanzel von 1575, eine Orgel von 1737, ein seit 1722 aufgeführter hoher Turm an der Stelle des kleinen von 1571, mit einem sehr schönen Geläute, welches, nach altem Gebrauch, um Mitternacht die hohen Festtage ankündigt, sind die einzigen Merkwürdigkeiten dieses Gotteshauses, so wie von dem stattlichen Klostergebäude nichts weiter zu sehen ist, als einige Zellen, die das Rentamt zu einem Kornboden umgeschaffen und der Cappan als Vorwerk Waldau lange Zeit benutzt hat."

Aus: "Kurze Geschichte der Kreisstadt Jüterbog von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten",  Dr. Johann Carl Brandt, 1840


Nach Luthers Reformation wurde die Klosterkirche am 31. Januar 1564 zur evangelischen Pfarrkirche und das Klostergebäude ein Gymnasium. Dies geschah auf Antrag der Stadt vom Magdeburger Erzbischof Sigismund von Brandenburg. (* 11.12.1538 in Berlin, †13.09.1566 auf der Moritzburg in Halle). Nachdem die Kirche während der Befreiungskriege 1812 und 1813 beschädigt worden war, wurde sie in den folgenden Jahren Wiederhergestellt und 1914 wurde Jüterbog Eigentürmer.


Klosterkirche

Während der Befreiungskriege wurde die Kirche 1812 und 1813 als Magazin genutzt. Dadurch wurde das Innere beschädigt. Eine Wiederherstellung erfolgte bis 1820. Es gab Gottesdienste bis in die 1970er Jahre.



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