Eine Hundertjahrerinnerung
Von Freiherrn von Seckendorff, Generalleutnant z.D.
Die Generalstabsoffiziere des Generals der Infanterie Grafen Bülow von Dennewitz haben ihren ruhmreichen Führer nach beendeten Freiheitskriegen ein Ehrengeschenk in Gestalt eines Pokals aus Porzellan mit Malerei und Inschriften überreicht. Auf der Vorderseite findet sich:
"Gefecht bei Luckau am 4. Juni 1813"
Darunter ist das brennende Luckau gemalt. Unter dem Bilde steht:
"Muth und Vaterlandsliebe trotzten der Mehrzahl; zum Verderben gekommen, mussten verderbend sie flieh'n."
Auf dem Fuß:
"Berlin zum ersten Mal gerettet durch Bülow!"
Damit wird von den Kriegsteilnehmern die Tatsache hervorgehoben, die vor hundert Jahren Berlin, Preußen und die Verbündeten freudig bewegte. Zudem ein siegreiches Gefecht nach Groß-Görschen und Bautzen, vorwiegend von preußischen Truppen unter preußischer Führung gegen einen überlegenen Feind!
Wie war es entstanden und durchgeführt?
Marschall Oudinot hatte nach der Schlacht von Bautzen den Auftrag erhalten, mit seinen drei Divisionen und einer gemischten Kavallerie-Brigade (17.000 Mann) über Hoyerswerda und Luckau bezw. Lübben auf Berlin zu operieren. Am 1. Juni hatte er in Ruhland an der schwarzen Elster gerastet und am 2. den Marsch in nördlicher Richtung fortgesetzt, in der Absicht, zunächst das Korps Bülow zu schlagen und dann Berlin zu nehmen.
Das Korps Bülow stand am 2. Juni Abend wie folgt:
Hauptquartier in Kottbus,
die Brigade Prinz Hessen-Homburg, v. Thümen und die russische Brigade von Harpe in und um Kottbus, die Brigade von Borstel in Guben,
die Brigade von Oppen in Drebkau, die Brigade von Boyen in der Gegend von Jüterbog, gegen Wittenberg beobachtend.
Generalleutnant v. Bülow hatte auf Grund seines Auftrags aus dem Großen Hauptquartier den Entschluss zum Vorgehen in südwestlicher Richtung gefasst, als am 3. Juni frühmorgens die wichtige Meldung aus Luckau einging, das am Nachmittag des 2. "der Feind über Finsterwalde auf Sonnenwalde debouchiert sei." Der kommandierende General entschloss sich daraufhin, noch am 3. Juni mit den um Kottbus versammelten Truppen Luckau durch starken Marsch (sechs Meilen) zu erreichen und die Brigade von Borstel über Kottbus, die Brigade von Boyen über Dahme dorthin heranzuziehen. Der Marsch des Gros wurde bei großer Hitze über Vetschau ausgeführt und Luckau erst am frühen Morgen des 4. Juni von den letzten Truppen erreicht. Bei Kalau war es zu kurzen Gefechten zwischen der Brigade von Oppen und den Vortruppen des dorthin vorgehenden Korps Oudinot gekommen. Während Oppen nach Erfüllung seiner Aufgabe, den Marsch des Gros zu decken, diesem als Urriergarde gefolgt war, verblieb Oudinot in und um Kalau. Bülow empfing nun in Luckau spät abends die Meldung, dass bei Sonnenwalde, Kirchhayn und Dobrilugk nichts vom Feinde gesehen worden sei. Es war danach anzunehmen, dass sich der gesamte in dieser Gegend am 2. Juni beobachtete Feind auf Kalau gewandt hatte und zunächst nur mit einem Vorgehen von dort zu rechnen war. General v. Bülow erkannte die gute Stellung bei Luckau, die Aussicht für einen siegreichen Kampf auch gegen Überlegenheit gewährte, und ließ die Stadt und die Höhen westlich von seinen Truppen, Front gegen Kalau, besetzen. In beiden Flanken wurden Sicherungen vorgeschoben, während Oppen noch auf der Straße nach Kalau sichernd und beobachtend stand.
Oudinot ging nun am 4. Juni früh mit seinem ganzen Korps von Kalau auf Luckau vor und traf so auf die starke Front der Stellung. Der zwischen 9 und 10 Uhr vormittags beginnende Kampf gestaltete sich zu einem hin- und herwogenden Ortsgefecht, das sich im weiteren Verlauf auf das Wiesengelände nördlich und südlich der Stadt ausdehnte und infolge der Tapferkeit der preußisch-russischen Truppen wie der selbsttätigen, entschlossenen Haltung aller Führer zu einem siegreichen gestaltete. Die von der französischen Artillerie zahlreich in Brand geschossenen Häuser und Gehöfte erschwerten der Infanterie ihre Aufgabe sehr, die schließlich zumeist offensiv gelöst wurde. Die Artillerieunterstützung der in der Stadt fechtenden Truppen konnte nur gering sein, da das glatte Geschütz auf den Höhen westlich zu weit hierfür zurückstand.
Nach siebenstündigem Kampf traf die Brigade v. Boyen mit 5.000 Mann und vier Geschützen völlig gefechtsfähig 2 Kilometer westlich von Luckau ein. Gegen 6 Uhr abends ließ Generalleutnant v. Bülow den General von Oppen mit den verfügbaren preußischen (5) und russischen (2) Eskadrons und einer halben reitenden Batterie vom linken Flügel aus gegen die rechte Flanke der Franzosen vorgehen. Die feindliche Kavallerie wurde geworfen und eine Haubitzbatterie außer Gefecht gesetzt. Nach Einbruch der Dunkelheit trat Oudinot seinen Rückzug auf Sonnenwalde an und setzte ihn am 5. Juni nach Uebigau fort. Infolge Erschöpfung der Truppen wurde vom Sieger erst im Laufe des 5. Juni mit Kavallerie verfolgt. Die Brigade von Borstel traf mit dem Gros ihrer Truppen am 5. Juni 3 Uhr morgens bei Luckau ein. Nach einem Vormarsch Bülows am 7. Juni nach Schlieben und Sonnenwalde und einem Linksabmarsch Oudinots nach Herzberg beendete der Waffenstillstand die beiderseitigen Operationen.
Der preußisch-russische Verlust bei Luckau betrug etwa 720 Mann, darunter 17 Offiziere, der des Feindes mehr als das Doppelte. An tausend Gefangene wurden gemacht und 700 Gewehre und eine Haubitze erbeutet. Der Sieg wurde errungen durch Bülows rasches, tatkräftiges Handeln, seine richtige Ausnutzung des Geländes und gute Gefechtsführung sowie durch die große Marschfähigkeit und Tapferkeit der Truppen. Durch ihn wurde frischer Lorbeer um die preußischen Fahnen gewunden, das Selbstvertrauen gestärkt.
(Quelle: Tägliches Cincinnatier Volksblatt - Cincinnati, Ohio, 27. Juni 1913)
Marschall Oudinot (The national Tribune, Washington, 24.03.1898) |
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