Hedwig Bollhagen Wikipedia

Hedwig Bollhagen (* 10. November 1907 in Hannover; † 8. Juni 2001 in Marwitz) war eine deutsche Keramikerin und Mitbegründerin der HB-Werkstätten für Keramik. Hedwig Bollhagen wuchs als Halbwaise in Hannover auf und besuchte dort das Lyzeum, nach dessen Abschluss 1924 sie noch im selben Jahr ein Praktikum in einer Töpferei in Großalmerode absolvierte. Nach einem Gaststudium an der Staatlichen Kunstakademie in Kassel lernte sie vom Frühjahr 1925 bis Sommer 1927 an der Keramischen Fachschule Höhr-Grenzhausen bei Eduard Berdel und Hermann Bollenbach und volontierte 1926 in der Hamelner Töpferei von Gertrud Kraut in Hameln.

Von 1927 bis 1931 erhielt sie eine Anstellung als Entwerferin und Leiterin der Malabteilung bei den Steingutfabriken Velten-Vordamm in Velten.

Nach deren Schließung wegen Wegfalls der Exporte infolge der Weltwirtschaftskrise begannen die „Wanderjahre“, die sie zuerst in die Staatliche Majolikamanufaktur Karlsruhe, dann zu den Rosenthal-Betrieben in Neustadt bei Coburg, die Werkstatt Wilhelm Kagel in Garmisch-Partenkirchen (bis Frühling 1932) und schließlich als „Ladenmädchen“ bis Februar 1933 in die Verkaufsgalerie „Kunst und Handwerk“ von Tilly Prill-Schloemann und Bruno Paul in Berlin führten. Bis Oktober 1933 arbeitete sie noch in der Glasur- und Malabteilung der J. Kalscheuer Cie. Steinzeugwerke m.b.H. in Frechen.

Als die Keramikerin Nora Herz in Köln von der gescheiterten Neuansiedlung der von der Keramikerin Margarete Heymann und ihrem Ehemann Gustav Loebenstein gegründeten Haël-Werkstätten für Künstlerische Keramik erfuhr, konnte Hedwig Bollhagen mit Hilfe des Handwerksfunktionärs Heinrich Schild 1934 unter der Beteiligung von Margarete Heymann und Nora Herz in der alten Keramikfabrik in Velten die neuen HB-Werkstätten für Keramik GmbH gründen. Sie etablierten sich durch die Mitarbeit der Keramikmeisterin Thoma Gräfin Grote als kaufmännische Assistentin und Entwicklerin – sie hatte für Charles Crodel Glasuren entwickelt – und anderen aus der keramischen Werkstatt des Staatlichen Bauhauses unter Gerhard Marcks hervorgegangenen früheren Mitarbeitern der 1931 stillgelegten Steingutfabriken Velten-Vordamm GmbH wie Theodor Bogler und Werner Burri.

Seit 1935 erschloss Charles Crodel der Firma das Feld der Baukeramik und brachte zugleich seine in den Vereinigten Lausitzer Glaswerken im Zusammenwirken mit Wilhelm Wagenfeld gewonnenen Industrieerfahrungen in der Dekorentwicklung ein. 1939 legte Hedwig Bollhagen mit einem von Charles Crodel (1894–1973) bemalten Gefäß die Meisterprüfung ab. Sie wurde damit zur Keramikmeisterin und konnte den Betrieb dem Zugriff der Deutschen Arbeitsfront (DAF) entziehen.

Heinrich Schild, Hauptgegner der DAF, der Mitgründer und unentgeltlich wirkende Geschäftsführer der HB-Werkstätten, ging nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zurück ins Rheinland und Hedwig Bollhagen übernahm den Betrieb allein.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs siedelte Heinrich Schild 1946 aus der damaligen SBZ nach Westdeutschland um. Hedwig Bollhagen übernahm daraufhin die Führung der HB-Werkstätten in alleiniger Verantwortung. 1972 wurden die Werkstätten verstaatlicht, doch blieb Bollhagen auch in den zwanzig Jahren bis zur Reprivatisierung 1992 künstlerische Leiterin und arbeitete bis kurz vor ihrem Tod weiter. Ihre Nachfolgerin wurde Heidi Manthey, eine Schülerin von Charles Crodel, mit dem Hedwig Bollhagen seit der Zeit der Firmengründung zusammenarbeitete.

Internationale Bekanntheit erlangte Hedwig Bollhagen durch ihr schlichtes, zeitloses Alltagsgeschirr, dem in Form und Dekor eine zwanglose Verbindung von bäuerlicher Tradition und Bauhaus-Ästhetik gelingt. Sie selbst sagte dazu: „Kunst? Ach ja, manche nennen es so. Ich mache Teller, Tassen und Kannen.“ oder kürzer: „Das sind doch bloß Töppe!“.

Hedwig Bollhagen wurde auf dem Stadtfriedhof des Hannoveraner Stadtteils Stöcken beigesetzt.

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