Fürstenwalde Dom


Am 31. Oktober 1910 berichtete die Fürstenwalder Zeitung über die Einweihung der renovierten Domkirche:



“Der große Augenblick ist nahe! Nur wenige Stunden noch, und der in neuer Schönheit wiederentstandene Dom wird feierlichst seiner Bestimmung dienstbar gemacht worden sein. Kaum ein wichtiges Ereignis hat in Fürstenwalde jemals so viel Interesse für sich in Anspruch genommen wie die bevorstehende Domweihe. Das ist die Anteilnahme der Bürgerschaft an einem Gebäude, das seit Jahrhunderten für das geistige Leben der Bevölkerung bedeutungsvoll war. Nicht bloße Neugierde war es, die in den letzten Tagen und Wochen die Männer und Frauen zum Domplatze und in den Dom selber zog. Es wirkte das Gefühl des Verwachsens seins mit dem altehrwürdigen Gotteshause. Und das nehmen wir als gutes Zeichen für die Zukunft. Nachdem wir die Baugeschichte des Domes darstellten und ausführlich über seine Schicksale berichteten, bleibt uns nur noch übrig zu zeigen, wie sich der Dom nach beendeter Wiederherstellung zeigt, und wie sein Aussehen in jeder Beziehung gewonnen hat.


Als de Dehr im Jahre 1446 den neu erstandenen Dom weihte, bot er in seinem Äußeren ein ganz anderes Bild, als es heute der Fall ist. Um mehr als 10 Meter war das gotische Dach höher. Nach Westen schloss ein schlanker gotischer Turm das Gebäude ab, ihm zu den Seiten reckten sich zwei Spitztürmchen empor. Eineinviertel Jahrhundert sah das Gotteshaus so in seiner Gestalt kommen und gehen. Über seine weiteren Schicksale haben wir an anderer Stelle das Wissenswerte geboten.


Boumann, der den Dom im Auftrag Friedrichs des Großen wiederherstellte, muss ein Mann gewesen sein, der vollständig in den Ideen seiner Zeit wurzelte. Nur so erklärt sich sein Wirken an dem alten Baudenkmale. Auch die kostbarsten gotischen Formen wurden von ihm nicht verschont. Im Innern wurde alles mit Putz überzogen. Der Billigkeit halber entstand statt des verloren gegangenen Kreuzgewölbes die bekannte flache Gipsdecke, zwar in ihrer Art auch eine Kunstleistung. Statt des ehemals gotischen Turmes wurde der heutige Barockturm aufgeführt, sein massiver Abschluss nach oben geradezu verschwenderisch mit Werkstücken aus Sandstein ausgestattet. Zum Kircheninneren aber machten forthin die prächtigen Ausstattungsgegenstände, das wunderbar schöne gotische Sakramentenhäuschen, der aus dem Jahr 1511 stammende Hochaltar mit seinen hervorragenden Schnitzereien, die zierliche Kanzel und der viel bewunderte Orgelprospekt, einen nur unvorteilhaften Eindruck. Die flache Decke lastete drückend auf den flott nach oben strebenden hohen Gegenständen, die von den alten Meistern stimmungsvoll in den einst kühn überwölbten Raum hineinkomponiert waren.




Wie anders ist das Bild nun, dass der Besucher des Domes von ihm erhält. Zwar ist der Barockturm geblieben, aber die vielen Stilwidrigkeiten im Äußeren wie im Innern der Kirche sind geschwunden. Die Umfassungsmauern zeigen, vom Putze befreit und unter Aufwendung von großen Mitteln in ihrer früheren Form wieder hergestellt, das würdige Aussehen, das wir an Backsteinbauten in dem Alter kennen. Die ganze Renovation der Kirche ist überhaupt von dem Gedanken getragen gewesen, den hohen geschichtlichen, kunstgeschichtlichen wie künstlerischen Wert des Gebäudes zu wahren. Nun streben die Steinpfeiler wieder schlanker zum Kreuzgewölbe empor, als es früher unter der flachen Gipsdecke der Fall zu sein schien. Hell und luftig baut sich der ganze Innenraum auf. Nun stehen das gotische Sakramentenhäuschen, die Kanzel, der Hochaltar, die Orgel mit ihrem alten Prospekte wieder an der richtigen Stelle. Die 21 Meter hohe Wölbung lässt sie eben zur vollen Wirkung kommen.


Schon in der freundlichen Turmhalle erhält der Besucher Ein anheimelndes Bild von dem Innern des Domes. Der hohe gotische Bogen, der sich zwischen Turm und Kirchenschiff spannt, ist durch Glasfenster geschlossen, die einen ersten Blick in die Deckenwölbung und auf die sich hoch aufbauenden Ausstattungsstücke gewähren. um den im Hintergrund stehenden Hochaltar reihen sich die farbigen Fenster, die den Altarraum stimmungsvoll erleuchten. Der aus dem Jahre 1575 stammende Hochaltar ist  seiner Renaissance-Form Entsprechend reich bemalt, wodurch die verschiedenen aus Holz geschnitzten Gestalten recht zur Geltung kommen. Bei der Renovation fand man, als die aus einer jüngsten Zeit stammenden, die Formen des Aufbaus teilweise verdeckenden Altarbilder entfernt wurden, umrahmt von den Holzteilen des Hochaltars, alte schöne Ölgemälde. Die “Einsetzung des Abendmahls” fällt auf durch die Personenverteilung auf beiden Längsseiten des Tisches, weiter durch die sprechend gemalten Gesichter. Wir finden in dem Bilde, und in den übrigen ebenfalls, eine gute mittelalterliche Technik, die jetzt nach der kunstgemäßen Wiederherstellung des Hochaltars von ganz besonderer Wirkung ist. Das größte Bild am Hochaltar stellt die Kreuzigung dar. Pilatus erscheint auf einem prächtigen Schimmel auf der Szene. Reiter folgen ihm. Im Hintergrunde baut sich eine Stadt auf. Die drei Gekreuzigten zeigen wunderbar feine Körperdurchbildungen. Was weiter an dem Bilde auffällt, das ist die hervorragende Perspektive und der frische Farbton. Ebenso ansprechend sind die Bilder von der Auferstehung und der Himmelfahrt gehalten. Oben wird der Hochaltar durch die Gestalt des thronenden Christus abgeschlossen. Um den Hochaltar reihen sich, wohl ungefähr nach Zeit und Stil auf schönem Teppichmuster geordnet, die Epitaphien von Bischöfen und Rittern, darunter manch wertvolles Stück. Die früher an dem Hochaltar befindlichen Bilder haben im Kanzelraume an einer Wand eine würdige Stätte gefunden. Die gelungene farbige Umrahmung der Gemälde fesselt den Besucher ganz unwillkürlich.


Die Barockkanzel hat eine durchgreifende Veränderung ihrer Bemalung erfahren. Die alte hässlich wirkende Marmorierung im grauen Tone, die die schönen architektonischen Formen vollständig verschleiert erscheinen ließ, hat einer kunstvollen Farbgebung weichen müssen. Überwiegend ist die Kanzel mit Gold ausgestattet worden. Die auf die roten Grundflächen aufgetragene Marmorierung hebt sich von dem grün-schwarzen Anstriche wirkungsvoll ab. Früher verdeckter Figurenschmuck bleibt nun sichtbar, so ein lieblicher Engelkopf über dem Bibelbrette der Kanzel, der schöne thronende Figurenschmuck über den Säulen u.a.m.


Der alte Orgelprospekt mit seinen Barockformen erstrahlt in reicher, vornehm wirkender Gold- und Silbertönung. Auf der oberen Spitze des Prospektes zeigt sich wieder das gemalte frühere Stadtsiegel, das unter der flachen Gipsdecke die Aufrichtung nicht erlaubte. Auch dieses Stück ist ein Zeugnis dafür, dass der Schöpfer des Orgelprospektes bei seiner Herstellung Rücksicht auf ein hohes gotisches Deckengewölbe zu nehmen hatte.


Die Holzemporen sind erhalten geblieben. Durch ihre Bemalung, die der Farbgebung am einfachen Barockgestühl entspricht, haben sie aber von der früheren Schwere verloren, so dass ihr Vorhandensein nicht mehr wie früher störend wirkte.


Von den Nebenräumen der Kirche fällt besonders die wiederhergestellte Krypta auf. Sie zeigt sich als ein hochgewölbter gotischer Raum. Die Bogen setzen auf kunstvoll herausgearbeiteten Konsolen, die Menschengesichter zeigen, auf. Wozu der Raum hinfort dienen wird, ist noch nicht bestimmt. Auch der alte Bibliotheksraum ist wieder würdig entstanden. Die anderen Nebenräume, einige Konfirmandensäle u.a., sind in hervorragender Weise praktisch gestaltet worden. 


So steht nun der mächtige Bau wieder in seiner neuen Schönheit da. Man darf hoffen, dass ein Jahrhundert mit seinen Generationen vorübergehen werde, ehe der Domraum widerhallt von der Handwerker Tätigkeit. Möge in der Zeit der Stadt eine friedliche, ruhige Entwicklung beschieden sein und möge reicher Segen auf die Kirche und Kirchengemeinde ruhen, das schöne Gotteshaus aber für jedes Gemeindemitglied immer wieder und immer mehr zu einem Orte rechter Erbauung werden."

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